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Uhrfedern 

Als Erfinder der Spiralfeder gilt der holländische Universalgelehrte Christiaan Huygens (1629-1695) mit seiner Idee, längere Bänder als „Spirale“ aufzuwinden. Er beobachtet, dass die Schwingung einer Unruhspiralfeder dem gleichen physikalischen Gesetz folgt wie ein Pendel. Ein frei hängendes Pendel benötigt für eine Schwingung von der einen zu der anderen Seite immer exakt die gleiche Zeit. Huygens überträgt dieses Prinzip auf ein neuartiges Schwingsystem. Seine Skizze von 1675 zeigt eine frühe Spindelhemmung, mit der er die Gangabweichung von 30 auf 5 Minuten pro Tag reduzieren kann.

Der französische Uhrmacher Louis Cartier fertigt für seinen brasilianischen Freund und Piloten Alberto Santos Dumont die erste Armbanduhr mit Lederband. Diese Uhr wird 1904 unter dem Namen „Cartier Santos“ weltberühmt. 

 

Im gleichen Jahr beginnt CARL HAAS, Spiralfedern für Uhren zu produzieren und ab 1924 steht die Armbanduhr bei CARL HAAS im Mittelpunkt des Schaffens.

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Werbung Carl Haas 1911

1750_1800 Englische Taschenuhr Spindelhe

Taschenuhr mit Spindelhemmung
England, um ca. 1750 bis 1800

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Bei JUNGHANS werden Armbanduhren ab 1927 zu einem festen Bestandteil des Fertigungsprogrammes.

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JUNGHANS Werk J80
Ankerhemmung, 

Stunde, Minute, dezentrale Sekunde
Herstellung von 1931 bis 1953

 Uhrfedern (Spiralfedern)

 

Spiralfedern für Uhren bestehen aus einem dünnen gewalztem Metallband von 0,015 bis 0,03 mm Dicke und beginnen bei einem Gewicht von nur 0,001 gr je Stück.

 Die Spiralfeder ist das regulierende Element der Uhr. Doch bei Federn aus gehärtetem Stahl oder Bronze gibt es das Problem, dass Temperaturschwankungen (z.B. direkte  Sonneneinstrahlung) die Elastizität des Metalls und damit die Ganggenauigkeit der Uhr beeinflussen. Deshalb ist es die Aufgabe von Regleuren, den Gang der Uhr auf den günstigsten Wert zu bringen und zu erhalten. Regleure sind auf die Feineinstellung von Uhrwerken spezialisierte Uhrmacher, die die Spiralfeder mit der bi-metallischen Unruh so kombinieren müssen, dass deren Veränderung sich unter Temperatureinfluss ausgleicht. Diese Arbeit ist aufwändig und teuer.

 

Ein Lizenz-Vertrag mit Reinhard Straumann, dem Erfinder der NIVAROX®-Legierung, ermöglicht es CARL HAAS, ab 1932 Spiralfedern zu produzieren, welche gegenüber Temperaturschwankungen unempfindlich sind und so die Abstimmung der Unruh mit der Spiralfeder und die bi-metallische Unruh selbst überflüssig machen. Dies stellt eine enorme Kosteneinsparung für die Uhrenhersteller dar.

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Farbprospekt, 1932

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Die Feder wird mit dem äußeren Ende über ein Spiralfederklötzchen am Unruhkloben befestigt und mit dem inneren Ende an der Spiralrolle verstiftet, vernietet oder laserverschweißt und wird anschließend auf die Unruhwelle gepresst.

CARL HAAS befasst sich früh mit der Lasertechnologie und entwickelt bereits Anfang der 1970-er Jahre ein Laser-Gerät, um die Spiralfeder an der Rolle so zu verschweißen, dass keine Verzerrung bewirkt wird - ein Verfahren, wie es bis heute eingesetzt wird.

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Bis in die 1980er-Jahre hinein, werden Spiralfedern in Warenbriefen verpackt in verschiedenen Qualitäten ausgeliefert, die sich farblich am thermischen Koeffizienten orientieren.

Die Lasche der weißen Verpackung beispielsweise trägt die Aufschrift „0 – 0,6 s/d °C“. Dies bedeutet, dass bei 1,0°C Veränderung der Temperatur, die Feder einen Gangfehler von 0,0 bis +-0,6 Sekunden in 24 Stunden verursachen wird.

Heute werden die Federn verpackt in Kunststoff-Tabletts an die Uhrenhersteller geliefert.

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Bevor die NIVAROX-Legierung entwickelt wird, haben Spiralfedern aufgrund ihres hohen Eisenanteils und der Wärmebehandlung, welche noch nicht im Hochvakuum erfolgt, eine blaue Anlassfarbe.  Später erfolgt die Wärmebehandlung unter Hochvakuum und da der Eisenanteil bei NIVAROX sehr gering ist, sind die Federn nun grundsätzlich blank, denn diese Legierung wird nicht blau.

Heute sind blaue Federn in mechanischen Uhren abermals sehr begehrt, da sie im Kontrast zur goldenen Unruh sehr elegant wirken. So fertigt auch CARL HAAS wieder Spiralfedern, die ihren blauen Schimmer mittels eines speziell dafür entwickelten Verfahrens erhalten.

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Dieser Rechenschieber ermöglicht dem Uhrmacher eine annähernd passende Feder für seine individuelle Unruh auf einfache Weise zu bestimmen. Das Ergebnis ist eine CGS*-Nummer mit der der Uhrmacher die Feder bestellt und dann die Feinanpassung selbst vornimmt, z.B. mit einer Zeitwaage wie der Greiner Spiromatic oder dem Handabzählgerät. 

 

Heute bestellen Hersteller von Kalibern fertige, exakt auf ihre Schwingsysteme abgestimmte, serienfähige Einheiten.

 

*Das CGS-System  ist  ein metrisches Einheitensystem basierend auf Zentimeter, Gramm und Sekunde.

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Spiralfeder-Rechner

Für Kunden von CARL HAAS   1950/60er Jahre 

Aufzugsfedern (Triebfedern)

Als erste funktionsfähige Automatikarmbanduhr (eine Uhr, die sich selbständig durch die Armbewegung aufzieht) gilt die „Rolex Oyster Perpetual" von 1931. In Deutschland bauen JUNGHANS, BIFORA-UHREN und DUROWE die ersten Automatik-Uhren Anfang der 1950er Jahre.

Aufzugsfedern werden aus der Materiallegierung NIVAFLEX® gefertigt, eine ebenfalls von Reinhard Straumann entwickelte Speziallegierung auf Kobaltbasis. Der Werkstoff ist dehnbar, unmagnetisch und hoch korrosionsbeständig. Seine Eigenschaften sind optimal dazu  geeignet, bruchsichere Federn in kleinsten Abmessungen herzustellen, die selbst nach 2.000 bis 3000 Beanspruchungszyklen immer noch ein nahezu konstantes Drehmoment aufweisen.

 

Die Federn mit langem Zaumstück sind für Automatikkaliber bestimmt.  Die Feder wird mittels eines Rotors (Schwungmasse) durch die Bewegung beim Tragen der Uhr aufgezogen. Da dieser Aufzug permanent während des Tragens geschieht, würde die Feder mit Endhaken bei Vollaufzug brechen oder der Rotor bzw. seine zugehörigen Komponenten, würden Schaden nehmen. Dieses lange Zaumstück ist eine Gegenfeder zur Aufzugsfeder. Der Zaum wird innerhalb der letzten äußeren Windung angeschweißt. Stellt man sich nun die Feder im Vollaufzug vor, dann ist die fast komplette Feder um den inneren Federkern gewickelt. Nur der letzte Umgang der Feder bleibt durch den Zaum an der äußeren Wandung der Federhaustrommel angedrückt. Das Ende der Feder rutscht, bevor sie überlastet wird, ein Stückchen weiter. Dieses Rutschen wird durch kleine Einkerbungen in der Wandung der Federhaustrommel wieder gestoppt.

Triebfedern für Handaufzugskaliber unterscheiden sich nur durch das fehlende Zaumstück. Sie haben stattdessen einen kurzen Endhaken. Dieser hakt sich außen in der Federtrommel ein. Bei Vollaufzug spürt der Anwender einen Widerstand und die Uhr ist dann voll aufgezogen.

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Triebfedern für Aufzugskaliber, egal ob für Hand- oder Automatikaufzug, werden in Montagehilfen gewickelt. Dies sind flache Ringe, meist aus Kunststoff. Der Uhrmacher drückt die Feder aus dem Ring heraus in das Federhaus um. Wenn die Federhaustrommel dann komplett montiert ist, wird sie in das Uhrwerk eingesetzt. 

Die Ringe haben unterschiedliche Farben, damit der für das Werk benötigte Außendurchmesser der Feder im Arbeitsplan des Uhrenherstellers abgebildet werden kann.

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Bei 8-Tage-Uhrwerken, wird die Feder, anders als bei Kleinuhren, in ein Federhaus gewickelt. Das Federhaus ist ein trommelförmiges Gehäuse, welches mit einem Deckel verschlossen ist. Auf der Aufzugswelle, die in die Mittelbohrung eingepasst wird und an der die Feder eingehängt und aufgezogen ist, sitzen Sperrrad und Sperrklinke, die verhindern, dass die Energie der Feder nach dem Aufziehen verloren geht. 

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Westminster Schlagwerk Nr. 64

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Westminster-Rechenschlagwerk mit massiven Messingplatinen

Anmerkung:
NIVAROX® und NIVAFLEX® sind eingetragene Marken der Vacuumschmelze GmbH & Co. KG, Hanau

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